Immer auf und ab… immer nur am Zaun. Jeden Tag, den ganzen Tag. Das ist mein Alltag als Soldat... Phhh... Dieses ewige Wacheschieben macht mich noch ganz verrückt. Meist sind es sowieso nur Spaziergänger mit ihren Hunden, die auf den Zaun zulaufen, oder neugierige Wanderer, die wissen wollen, was auf dem Sperrgebiet passiert.

Du allerdings... Du siehst mir vertrauenswürdig aus. Wenn Du mir absolutes Stillschweigen zusicherst, kann ich es Dir vielleicht verraten.  Hinter der Radarstation der Bundeswehr steckt nämlich mehr, als die meisten vermuten.

Während des Kalten Krieges zwischen den Westmächten und dem Ostblock wurden durch die NATO verschiedene Standorte zur Luftabwehr eingerichtet. Einer davon hier in der Haard. So kam in den 60er Jahren die Bundeswehr unter Leitung der US-Amerikaner in diese Gegend. Stationiert waren die Soldaten damals in der Haard-Kaserne in Datteln. Neben der Kaserne und der Abschuss-Station im Jammertal gehörte auch der Feuerleitstand hier auf dem Stimberg zum Militär-Standort. Mit Hilfe der Radaranlagen hatten wir die Möglichkeit, feindliche Flugkörper zu orten und nachzuverfolgen.

Was soll ich sagen? Die US-Amerikaner haben einfach die exponierte Lage hier genutzt, um die größtmögliche Reichweite der Radarortung zu erzielen. Der Stimberg ist nun einmal die höchste Erhebung in der näheren Umgebung. Oben auf dem Plateau – gleich hinter mir – sind wir fast 157 Meter über dem Meeresspiegel. Dort stehen auch die großen Antennen der kuppelförmigen Radaranlagen.

Mitte der 80er Jahre wurde dann mit Abzug der US-Amerikaner das militärische Sperrgebiet auf dem Stimberg vollständig an die Bundeswehr übergeben. Seither betreiben wir hier die Anlage und halten Wache. Wir haben Anweisung, im Sperrgebiet stets zu patrouillieren. Wenn Du wüsstest, wie häufig wir doch tatsächlich Löcher im Zaun finden... Neulich haben wir sogar ein paar Kinder erwischt, die sich in der Dämmerung auf das Gelände schleichen wollten.

Damit wir solche Eindringlinge so früh wie möglich erkennen, halten wir das umzäunte Gebiet  weitgehend offen. Deshalb steht hier oben so gut wie kein Baum. Jenseits des Zauns sind wir dagegen von dichten Waldbeständen umgeben, die unseren Standort tarnen und abschotten. Clever, nicht wahr?

Dennoch stoßen wir immer wieder auf neugierige Menschen. Es fragt sich nur wie lange noch...  Inzwischen ist es Gewissheit, dass unser Einsatz auf dem Stimberg bald endet. Dieser militärische Stützpunkt sei nicht länger erforderlich, heißt es. Schließlich sei der Kalte Krieg  längst Geschichte.

Mir soll es recht sein. Ich freue mich auf Abwechslung durch die kommende Versetzung. Gleichzeitig bin ich gespannt, was zukünftig hier oben passieren wird. Ich will nur hoffen, dass dieser Zaun bald abgerissen wird. Einige Birken verwachsen bereits mit dem Maschendraht.